Musikprojekt an der Schule an der Wuhlheide - Von der Bläserklasse zum großen Schulorchester
Die Grundschule an der Wuhlheide wächst seit einigen Jahren zur Ganztagsschule heran. In dieser Zeit der Umstrukturierung bedarf es eines besonderen Zusammenwachsens.
Diese Schule liegt im Ortsteil Schöneweide, einem ehemaligen Arbeiterbezirk. Bei der Schülerschaft treffen, hinsichtlich der Bildungsnähe der Eltern, sehr starke Gegensätze aufeinander.
Viele Kinder erleben zu Hause soziale Not und Desinteresse der Eltern. Sie sind dadurch oft stark verhaltensauffällig und gewaltbereit. Einige Schüler stammen aus Familien mit einem Migrationshintergrund und sind oft sehr zurückhaltend. Andere Eltern zeigen hingegen großes Interesse und bemühen sich um eine gute Zusammenarbeit.
Um diese Gegensätze auszugleichen, ist das gemeinsame Musizieren, zunächst in einer Bläserklasse, später dann im großen Schulorchester, das geeignete Mittel, das Wir - Gefühl zu fördern und zu einer starken Identifikation mit der Schule zu kommen.
Gilt doch als erwiesen, dass gemeinsames Musizieren Kooperation und Disziplin fordert und damit sowohl Lern-, Arbeits- und Sozialverhalten der Beteiligten positiv beeinflusst als auch die intellektuelle Entwicklung fördert. Es ist, wie Bastian in seiner wissenschaftlichen Studie feststellte, die Kraft der Musik, Toleranz, Geduld und Vernunft zu lehren, Herzen zu öffnen, den Blick zu schaffen für andere Menschen, andere Kulturen, für Menschen jeden Alters und jeder Herkunft.
Dieses Musikprojekt orientiert sich an der Initiative "Jedem Kind ein Instrument", welches an vielen Schulen in Nordrheinwestfalen, Sachsen und Thüringen zu Erfolgen führte.
Die Projektleiterin, Susanne Siedel, kann auf 15 Jahre Erfahrung mit Bläserklassen an der Grundschule zurückblicken. Sie leitete an der Humboldthain- Grundschule den Fachbereich Musik und war Initiatorin des Integrationsprojektes "Musik ohne Grenzen", welches seit einigen Jahren erfolgreich durchgeführt wird.
An der Schule an der Wuhlheide steckt das gemeinsame Musizieren im Orchester noch in den Kinderschuhen.
In diesem Schuljahr gab es dafür den Startschuss.
Eltern, Lehrer und Erzieherinnen gestalteten mit freundlichen Farben den Klassenraum und die neuen Musikkabinette. Klaviere, die leider noch verstimmt sind, wurden transportiert.
Durch private Eigeninitiative und einige Sponsoren konnte ein Klassensatz Musikinstrumente angeschafft werden.
Die Kinder der Klasse 4c staunten über die glänzenden Trompeten, Tenorhörner, Posaunen und Saxofone. Besonders beeindruckt waren sie natürlich vom Schlagzeug und den kleinen Kinder- E-Bässen. Schnell fand jeder sein Lieblingsinstrument.
Im 3.Schuljahr wurden die Schülerinnen und Schüler auf das Projekt im Musikunterricht vorbereitet. Viele Kinder erwarben Kenntnisse beim Querflöten- und Blockflötenspiel.
Nun ist die Klasse ein kleines Orchester und bereitet sich auf den ersten Auftritt vor.
2 engagierte Instrumentallehrer begleiten nach den Tandem-Prinzip den Musikunterricht. Die Kinder erhalten in Stimmgruppen Unterricht auf dem jeweiligen Instrument. Schließlich treffen sich dann alle zur gemeinsamen Probe im großen Klassenverband. Jeder stellt stolz das Gelernte vor.
Besonders ist, dass hier der Unterricht jeden Tag um 7.50 Uhr musikalisch mit den Instrumenten beginnt. Anschließend können alle fröhlich eingestimmt in den Unterricht gehen.
Einmal in der Woche treffen sich die Kinder der Bläserklasse mit musikinteressierten Schülern aus anderen Klassen. Nun wird gemeinsam musiziert, getanzt und gesungen. Einige schauen manchmal traurig auf die Kinder, welche so schön auf einem Instrument spielen können.
Im Rahmen der Ganztagsschule haben die Schüler die Möglichkeit, unter Aufsicht einer geschulten Erzieherin, regelmäßig zu üben.
Unser Ziel ist es, nachfolgende Klassen an das gemeinsame Musizieren mit Instrumenten heranzuführen. Ab dem 4. Jahrgang soll es pro Klassenstufe eine Bläserklasse geben.
Alle Bläserklassen sollen dann in Zukunft zusammen im großen Schulorchester spielen.
Offen steht das Orchester auch für die musikinteressierten Schüler der anderen Klassen, Eltern sowie Lehrer und Erzieherinnen.
Die Schule kann sich, trotz zahlreicher Kürzungen im kulturellen Bereich, zu einer Schule mit einem musikbetonten Zug entwickeln.
Die Zusammenarbeit mit dem benachbarten Gymnasium, an dem es einen Musikzug bereits gibt, sowie der Köpenicker Musikschule, die einige Räume der Schule nutzt, ist geplant.
Um Kontinuität und Stabilität für diese Initiative zu erreichen, braucht es für die nächsten Jahre dringend weitere Unterstützung.
Berlin, den 15.9.12 | J.Luhm/ S.Siedel |